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Gentrifizierung in Berlin Friedrichshain
Metropolen sind stetig im Wandel keine Frage. Veränderungen im Stadtbild und in den Kiezen sind quasi der evolutionäre Bestandteil von Städten. Dass sich über einen relativ kurzen Zeitraum von 10 Jahren ein Kiez von „Abfuck“ zu einem angesagten und hippen Trendbezirk entwickelt ist dagegen erschreckend. Diese Wandlung hat der Prenzlauerberg zwischen 1990 und 2000 vollzogen.
Noch Jahre nach der Wende als Punkbezirk stigmatisiert mauserte sich der Prenzelberg zu einem Studenten und Kreativen Bezirk was überwiegend auf die preisgünstigen Mieten zurückzuführen war. Infolge entdeckten finanziell solvent gestellte Gesellschaftsschichten diesen „In-Bezirk“ und zogen in meist frisch sanierte Altbauwohnanlagen zu was wiederum zu stetig steigenden Kosten für neue Mietverträge führte. Für sozial schwächer gestellte Bürger/innen wurde es immer schwieriger. Ein ähnliche Entwicklung startete im benachbarten Bezirk Friedrichshain (die Doppelbezirk Bezeichnung mit Kreuzberg lasse ich an dieser Stelle mal aus) in den frühen 2000er Jahren ab circa 2003.

Bezahlbarer Wohnraum wird nicht nur im Trendbezirk Berlin Friedrichshain ein knappes Gut - Foto: Mitfahrangebot.de/news
Die Immobilien Investoren Taktik
Der Ablauf für Mietsteigerungen lässt sich in zwei bis drei Beispielen gut erklären. Der überwiegende Mietkosten Anstieg ist auf professionelle Immobilieninvestoren zurückzuführen. Selbst erlebt habe ich das zwischen 2005 und 2006 in einer gemieteten Altbauwohnung in der Eldenaerstrasse in 10245 Berlin. Dieses Haus befindet sich eher abseits der trendigen Hotspots wie Simon Dachsstraße oder der Rigaerstraße. Trotzdem zeigt, dass die punktuelle Lage für Investoren aus dem In- und Ausland keine übergeordnete Rolle mehr spielt, Hauptsache das Objekt befindet sich innerhalb eines angesagten Trendbezirks.
Startschuss mit optischen Aufwertungen
Das schlechte Schicksal eines jeden Mieters begann damit, dass die „ältere“ Besitzerin des Hauses ohne die Mietparteien zu fragen ob diese evtl. selbst Interesse am Kauf Ihrer Mietwohnung hätte das gesamte Altbauhaus inklusive aller Mieteinheiten an eine spanische Investment Firma verkaufte. Kurz daraufhin wurde der Standort für die Müllbehältnisse sowie der Abstellplatz für die Fahrräder saniert. Super, jetzt läuft man über Steinplatten zum Müllcontainer anstatt wie davor über Kieswege. Wahnsinn, welcher Zugewinn an Lebensqualität dachte ich mir!

Mit Sanierungen und Modernisierungen werden Mietpreise beabsichtigt erhöht, sozial schwache Mieter/innen weichen meistens freiwillig.. - Foto: Mitfahrangebot.de/news
Diese „Renovierungsarbeiten“ zogen noch keine Steigerung der monatlichen Mieten nach sich. Der Sinn dahinter war jedoch allen Mieter/innen im Haus klar: das Niveau des Hauses für zukünftige Mieterinnen anheben. Bis dato wohnten im Haus überwiegend finanziell schwächer gestellte Menschen. Arbeitslose, Studenten, eine junge Familie sowie einige arbeitende Mieter von denen jedoch keiner ein dickes Auto besaß – der untere Rand der Mittelschicht sozusagen.
Nach der Hinterhof Renovierung folgte…
Die Kieselwege zu den Mülltonnen waren ab sofort Geschichte und passé – welcher Luxus über Steinplatten gehend die stinkenden Müllbeutel zu entsorgen J MIEF!
Diese Errungenschaft war den neuen Hauseigentümern jedoch nicht genug – als nächstes wurde in das vierstöckige Mietshaus ein 1,5qm2 Aufzug eingebaut. Diese Maßnahme war mit einer ca. 4 wöchigen Bauzeit verbunden. Wohl keine Mietpartei hatte nach einem Aufzugseinbau gefragt, denn ein Lift war schlichtweg nicht notwendig und alle Bewohner/innen schafften problemlos die weich ausgelegten Treppen in diesem Altbau zu besteigen.
Parallel zum Einbau des neuen Lifts wurden Mieterhöhungsschreiben versendet worin eine Erhöhung die monatlichen Mietrate von 15% angekündigt wurde. Darin waren auch die neuen Betriebskoten für den tollen 1,5qm2 Aufzug enthalten. Sehr ärgerlich, entweder man akzeptierte den Anstieg oder man zog aus. Besonders für Hartz4 Empfänger ist ein regelmäßiger Mehrbetrag von 70€ bei einer 34qm2 Wohnfläche eine ärgerliche Zusatzbelastung. Relativ zur Wohnfläche stieg auch die Mieterhöhung wodurch sich die Wohngemeinschaft im Erdgeschoss ein neues Zuhause gesucht hat und dankend ausgezogen ist.

Ausblick auf die alten Schlachhöfe in Berlin im Jahr 2006 - heute sind diese Immobilien neu renoviert und teilweise verkauft bzw. vermietet. / Blick von der Eldenaer Straße 15 - Foto: Mitfahrangebot.de/news
Aufwertungen gegen das Mieterinteresse
Dass die ganzen Erneuerungen und Aufwertungen einen reinen optischen Zweck verfolgt haben zeigt sich bei der Frage nach dem Nutzen. Klar ist ein gefliester Weg zum Müllplatz optisch sauberer als ein Weg mit Kiessteinen bedeckt. Ein Aufzug ist ebenfalls bequemer, doch wer braucht den wenn man im zweiten oder dritten Stock wohnt wirklich? Stattdessen hätte man die Kellerräume ordentlich renovieren & trocken legen sollen.
Das Abstellen von Hausrat war dort aufgrund der Feuchte und des Schimmels unmöglich ohne die einzulagernden Gegenstände langfristig zu schädigen. Ein trockener und schimmelfreier Keller ist aber leider kein Argument für neue Mieter einzuziehen – optisch quasi nicht relevant und somit wertlos wenn es darum geht anspruchsvolle sowie zahlungskräftige neue Mieter/innen zu ködern. Fazeit: Modernisierungen an den Menschen vorbei – Hauptsache der Cashflow der Immobilien Investment Firma stimmt!
Am Ende der Wurst steigen die Mietpreise und indirekt dadurch fällt der Startschuß zur Entvölkerung der Kieze von sozial schwächeren Menschen. Wer sich den neuen Mietpreis nicht leisten kann ist zum Wegzug in preiswertere Randbezirke gezwungen. C’est la vie… (Achtung IRONIE!)

Schöne Ausblicke von Immobilien Objekten steigert (fast) immer den Objekt Wert und somit den Kaufpreis bzw. den Mietpreis pro Quadratmeter - Blick von der Eldenaer Straße in Berlin in Richtung Fernsehturm am Alex - Foto: Mitfahrangebot.de/news
Tags: Berlin, Gentrifizierung, Miete, Wohnraum, Wohnungen